spiegellose Vollformatkamera – Nikon Z7 – von Maren Winter (Stand: September 2021)
Seit Ende 2018 fotografiere ich mit der Nikon Z7.
Inzwischen haben sich bei der alltäglichen Benutzung für mich persönlich ein paar Vor- und Nachteile herauskristallisiert. Jeder hat natürlich seine eigene Art zu fotografieren, was für mich stimmt, muss auf jemand anderen nicht zutreffen.
Meine speziellen Bedürfnisse haben sich u. a. ergeben, weil ich einen Teil meiner Bilder zu internationalen Microstock-Bildagenturen hochlade, bei denen Layouter Nutzungslizenzen kaufen. Diese Agenturen haben abgesehen vom Motiv recht hohe Ansprüche an die technische Qualität. Bildrauschen, abgesoffene Schatten, ausgebrannte Lichter, chromatische Aberration, schwammige Ränder … werden meist nicht akzeptiert. Das konnte ich zwar auch mit der kleinen Nikon D5500 erfüllen, komme aber mit der Nikon Z7 viel einfacher ans Ziel.
Warum gerade diese Kamera?
Auf meinem Wunschzettel stand:
- Spiegellos – weil man im Sucher bereits (eingeschränkt) das fertige Bild erkennt
- Fokuspunkte bis an den Rand – weil ich das bei der Bildgestaltung häufig brauche
- Joystick – weil ich damit den Fokuspunkt bequem verschieben kann
- Manuelle Bedienung von Blende, Verschlusszeit und Iso mit einer Hand – weil ich dann mit der anderen Hand einen Blitz halten oder einen Zweig zur Seite schieben kann
- Fernbedienung über Computer – das nutze ich beim Arrangieren von table tops
- Geringes Gewicht und Größe – weil ich zu faul zum Schleppen bin
Die Z7 kam mir bereits beim ersten „Begrabbeln“ vertraut vor. Vor allem gefällt mir die Ergonomie, der Griff liegt gut in der Hand und alle Bedienelemente sind genau dort, wo meine Finger sie vermuten.
Die Menüführung finde ich übersichtlich und schlüssig, außerdem kann man viele Funktionen ganz individuell auf Räder und Knöpfe verteilen.
Das alles passt auch zur Nikon Z6 mit 24 MP, die zudem deutlich billiger ist und bei wenig Licht ein besseres Rauschverhalten zeigt.
Wozu also die vielen Megapixel der Z7 (45,7 MP)?
Beim Beschnitt bin ich dadurch sehr frei. Selbst wenn bei einem Ausschnitt nur das halbe Bild übrigbleibt, oder ich aus einem Querformat ein Hochformat schneide, ist das Bild für die allermeisten Belange immer noch groß genug.
In den Microstock-Agenturen werden gerne Bilder im Panoramaformat genommen, ich nehme an, vor allem für Webseitentitel. Statt so etwas mühsam zusammenzusetzen, mache ich jetzt nur noch ein Foto und schneide es einfach oben und unten ab.
Im Telebereich ist die Z-Serie bisher mager aufgestellt, aber ich kann mein vorhandenes DX 70-300mm mittels Adapter anschrauben, eine sehr leichte Kombination. Die Bilder haben dann ca. 20 MP, fast wie eine normale APS-C Kamera. Bei der Z6 würden solche Fotos zu klein werden.
Das elektronische Sucherbild ist hell, klar und groß. Im Sucher kann ich mir Wasserwaage und Histogramm anzeigen lassen, sogar das Menü lässt sich dadurch bedienen. Das hilft mir sehr, denn wenn ich aufs Display schaue, brauche ich mittlerweile eine Brille.
Die Helligkeitsverteilung lässt sich bereits im Sucher erkennen, ebenso die Schärfentiefe bis Blende 5.6. Wer mehr braucht, kann sich die Abblendfunktion auf eine Taste legen.
Die lautlose Auslösung mit dem elektronischen Verschluss hat mehrere Vorteile, z. B. im Theater und Konzert, bei der Streetfotografie, oder auch, wenn ein Eisvogel vorbeikommt, der beim geringsten Klickgeräusch davonfliegen würde.
Bei längeren Verschlusszeiten vom Stativ aus erreicht man außerdem mit dem elektronischen Verschluss schärfere Bilder, eigentlich klar, weil sich mechanisch nichts bewegt.
Meine Kamera ist daher fast immer auf lautlos eingestellt.
Ausnahmen: Blitzen funktioniert mit dem elektronischen Verschluss nicht und bei schnellen Bewegungen / Mitziehern kann es zu Verzerrungen kommen (Rolling Shutter Effekt), da sollte man den mechanischen Verschluss bevorzugen.
Der Dynamikumfang ist enorm, in der Raw-Nachbearbeitung merkt man erst, wieviel aus Tiefen und Lichtern noch herauszuholen ist. Bracketing (Belichtungsreihen) braucht man fast nicht mehr, falls man nicht gerade HDR-Effekte erzielen möchte.
Ebenso begeistert mich der Detailreichtum, den der Sensor abbilden kann. Es hängt allerdings vom Objektiv ab, wie viel davon tatsächlich zu sehen ist.
Mein „Immerdrauf“, Nikkor Z 24-70mm f4, kommt den Möglichkeiten schon sehr nahe. Es zeichnet bis an die Ränder scharf und die geringe Einstellgrenze von 30 cm bleibt über alle Brennweiten hinweg bestehen.
Auf den Bildstabilisator in der Kamera möchte ich nicht mehr verzichten, da auch unstabilisierte Objektive davon profitieren, die daher kleiner und leichter gebaut werden können.
Erfreulich ist, dass Nikon ab und zu Firmware-Updates herausgibt, die echte Zusatzfunktionen enthalten. Auf diese Weise wurde z.B. eine Augenerkennung für Mensch und Tier nachgereicht.
Gerade in der Kombination mit dem Kitobjektiv Z 24-70 f4 überzeugt mich die Haptik der Kamera, ein hochauflösendes Vollformatsystem im kompakten Format, robust gebaut, geschützt vor Staub und Spritzwasser, mit gut erreichbaren manuellen Bedienelementen, die individuell konfigurierbar sind.
Ich nehme sie nach wie vor gerne in die Hand und sie ist fast überall dabei.
Nicht so schön, aber für mich persönlich unwesentlich
Die Nikon Z7 besitzt nur einen einzigen Kartenslot für XQD-Karten, man hat also kein Backup in der Kamera. Diese Karten sind schneller und deutlich robuster als die üblichen SD-Karten, aber auch viel teurer und man braucht einen speziellen Kartenleser dafür.
Im Gegensatz zur Spiegelreflexkamera verbraucht eine spiegellose mehr Strom und der Akku hält nicht so lang. Für meine Belange ist die Kapazität dennoch mehr als ausreichend. Angangs nahm ich vorsichtshalber einen zweiten Akku mit, den habe ich aber nur einmal gebraucht, als ich nach einem langen Fototag plötzlich noch eine ganze Vorstellung mitfilmen sollte.
Was mich im fotografischen Alltag stört oder gestört hat
Der Knopf zum Lösen des Objektivs liegt nahe am Bajonett und ist ziemlich leichtgängig. Mir ist es ein paar Mal passiert, dass ich ihn beim schnellen Zoomen versehentlich betätigt habe und plötzlich das Objektiv in der Hand hielt.
Zum Stromsparen geht die Kamera in den Standby-Modus und braucht einen Moment, bis sie wieder „schussbereit“ ist. Das war besonders in der ersten Zeit gewöhnungsbedürftig und auch jetzt wäre mir eine schnellere Reaktion lieber.
Schmale Schnellwechselplatten für Stative (sie müssen schmal sein, weil sie sonst an den FtZ-Adapter stoßen), die meist nur mit einer Schraube befestigt sind, lösen sich während der Arbeit und verdrehen sich. Abhilfe schafft z. B. der Schnellspanner von FUGASUN. Seitdem sitzt die Platte superfest und dreht sich nicht mehr. Ähnliches gibt es sicher auch von anderen Firmen.
Der Autofokus greift in den meisten Situationen zügig und präzise zu – es sei denn, man will so etwas wie Vögel im Flug fotografieren und sie gar noch mit dem Fokus verfolgen. Es geht, aber es ist schwierig. Die besten Ergebnisse habe ich mit dem dynamischen Messfeld im kontinuierlichen Modus erreicht. Andere Systeme können das besser, sogar mit der kleinen Nikon D5500 sind mir solche Aufnahmen leichter gefallen.
Wenn der Kontrast aus schwachen Linien parallel zum Bildrand besteht, greift der Autofokus manchmal nicht und man muss die Kamera ein wenig kippen, damit scharf gestellt wird.
Bildrauschen ist recht bald zu sehen, sobald man die ISO-Werte in die Höhe schraubt. Bei Agenturfotos ist das heikel, hier gehe ich über 320 ISO möglichst nicht hinaus. Zur Not muss ich das entsprechende Bild verkleinern, was bei der hohen Auflösung ja immerhin möglich ist.
Bei einigen Chargen der Nikon Z7 ist die Belederung nicht so beständig, wie sie sein sollte. Mein Exemplar gehört offenbar dazu. Nach zweieinhalb Jahren intensiver Nutzung ist sie an manchen Kanten stark aufgerubbelt. Mich selbst stört das wenig, solange ich die Kamera nicht verkaufen will. Irgendwann werde ich die Belederung wohl erneuern lassen müssen. Wie gesagt, das Problem betrifft nur einzelne Chargen und wird in der Garantiezeit kostenlos von Nikon behoben. Das habe ich leider verpasst.
Sensorflecken durch Staub beim Objektivwechsel sehe ich jetzt häufiger, als ich es von der D-SLR kannte. Ohne den Spiegel liegt der Sensor ja offen, er scheint die Flecken geradezu anzuziehen. Von Sonynutzern habe ich Ähnliches gehört und finde es genau wie sie ziemlich lästig.
Fazit
Für mich persönlich ist die Nikon Z7 momentan die angenehmste Kamera, die ich mir leisten kann.
Sie macht zuverlässig, was ich möchte und die vielen Funktionen lassen Spielräume offen, die ich noch lange nicht ausgereizt habe.
Im Zimmerstudio, beim Blitzen oder ferngesteuert funktioniert sie wunderbar, in der Stadt wirkt sie relativ unauffällig und in der Natur ist sie mir (je nach Objektiv) nicht zu schwer. Durch die hohe Auflösung kann ich im Nachhinein sehr großzügig beschneiden.
Vielleicht werde ich sie irgendwann gegen eine Z7 II tauschen, aber bisher sehe ich keine Veranlassung dazu.
Wer oft bei wenig Licht ohne Blitz in Innenräumen oder draußen in der Dämmerung fotografiert, ist mit der geringeren Auflösung und dem Rauschverhalten der Z6 wahrscheinlich besser bedient. Auch die Serienbildgeschwindigkeit ist bei der kleinen Schwester schneller. Alles andere dürfte ziemlich ähnlich sein.
Für hauptsächlich Wildlife und schnellen Sport würde ich nicht unbedingt das Z-System wählen, zumindest nicht in seiner jetzigen Form. Die langen Teleobjektive fehlen noch und beim Autofokus bleibt Luft nach oben.
Wenn es spiegellos sein soll, haben andere Marken in diesem Bereich vielleicht mehr zu bieten.
Viele Vogelgucker und Sportfotografen bevorzugen ohnehin nach wie vor Spiegelreflexkameras.